Montag, 20.2.1995: Dritter Trekking-Tag

Wieder Raureif auf Gras und Zelt bei -4 bis -3°C. Hahnengeschrei und Entengeschnatter aus der Ferne von den paar Hütten, nach denen der Zeltplatz benannt ist. Während der größte Teil der Gruppe den 3150 m hohen Sailong besteigt, verbringe ich einen geruhsamen Vormittag bei kaltem Wind in der Sonne und im Zelt. Ich wandere nicht mit, weil ich außer den gestrigen Symptomen heute Atemnot und stärkere Kopfschmerzen habe, mein Schnupfen ist gelbgrün, die Knie schmerzen trotz der Stöcke. Ich mache einen kleinen Spaziergang, säubere die Stiefelprofilsohlen und meine Fingernägel und lese in einem Buch des Reiseleiters, aus dem er uns am ersten Zeltabend im Esszelt vorgelesen hat: „100 Koffer auf einem Dach" von Guy Abecassis (Ein Reiseleiter plaudert aus dem Bus). Ein paar Hirtenjungen, die mit ihren Lämmchen an den Zeltplatz kommen, stimmen freundlich zu, dass ich sie filme. Mittagessen gibt es noch in diesem Lager, dann geht die Wanderung weiter, viel bergab, etwas bergauf. Oben ist es bewaldet, unten mehr freies Land. Wir machen oft Rast, einmal an zwei Stupas. Einmal sehen wir einen kleinen Steinbruch aus hellem Schiefergestein, mit Quarz durchsetzt. Mittags sitzt oberhalb unseres Rastplatzes eine Hirtenfrau mit Kindern. Die Träger sind an diesem Tag junge Frauen, alte Männer und Jungens. Nach der schweren Tagesarbeit müssen sie noch in ihre Dörfer zurückwandern. - Unser nächstes Nachtlager wird auf einer verlassenen ehemaligen Feldterrasse an einem Abhang errichtet, unterhalb eines in einem schmalen Graben fließenden Gewässers, das uns schon eine Zeit lang begleitet hat. Als wir nach einer etwa dreistündigen Wanderung hier bei Bhaniyang ankommen, wäscht sich das Personal vor dem Küchenzelt gerade die Haare und den Oberkörper. Der Zeltplatz ist hier zum ersten Mal errichtet worden, daher stehen zur Teezeit etliche Kinder und später auch ein alter Mann vor unserem Esszelt und staunen. Sie tragen hier lange Hemden, wie Minikleider, über meist weiten Hosen. Die Sprache in dieser Gegend kommt aus dem Mongolischen, jeder spricht aber auch nepalesisch, eine indogermanische Sprache.

 


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