Sonnabend, 18.2.1995: Der Sailong Trek beginnt

 

Wir werden früh geweckt zum Marsch auf einen Hügel, um den Sonnenaufgang in den Bergen zu erleben. Oben gibt es Tee. Wir haben eine sehr gute Sicht auf die Himalajagipfel. In der Nähe sehen wir eine frierende Frau, die dort immer das Opferritual vollführt für die Göttin Kala, eine grausame Göttin, der sonnabends eigentlich Blutopfer dargebracht werden, die man dann isst. Dienstags bringt die Frau dem Gott Ganesh (dem mit dem Elefantenkopf) Opfer. Heute sehen wir zu, wie sie die Opfersteine mit Wasser besprengt und zwei heilige Baumpflänzchen begießt, die, wenn sie groß sind, heiraten werden. (Sie sind Personifizierungen von Gottheiten, wird uns erklärt). Dann streicht sie eine gelbe Paste auf die Steine und streut rotes Zinnoberpulver und Reis darüber, wobei die Farben gelb und rot wichtig sind. Sie betet, gießt noch einmal etwas Wasser auf die Bäumchen, tunkt einen Finger in die Paste, dann in das rote Pulver, tupft damit einen Punkt auf ihre Stirn, danach auf unsere Stirnen, soweit wir das wollen, als good luck for the day. Als die Frau fertig ist, führt an den Steinen ein Mädchen das gleiche Ritual durch.

Im Hotel stellen wir das Gepäck für den Treck vor die Tür und lassen das für Kathmandu bestimmte im Zimmer zurück. Es gibt Postkarten zu kaufen. Dann brechen wir auf zum Sailong Trek. Lange, schöne Fahrt in die Berge durch viele kleine Dörfer, zuerst auf der Straße nach Norden in Richtung Tibet bis Mure Bazaar (2500 m), südlich des Gauri Shankar Massivs gelegen, dann auf einer kleineren Straße in Richtung Osten. Herrliche Flusstäler und Bergpanoramen. In den höheren Regionen blühen dunkelrot leuchtend die Rhododendronbäume. Unser erster leichter Aufstieg dauert nur 20 Minuten und führt zu unserem Essplatz. Auf dem Weg herrscht ein reger Betrieb Holz tragender Familien. Nach dem Essen wandern wir knapp 3 Stunden auf einem breiten Fußweg, der ebenfalls von Nepalesen frequentiert wird. Über die weit an den Hängen verstreuten Terrassenfelder hinweg, zwischen denen einzelne Häuser liegen, haben wir eine wunderbare Aussicht auf die weißen Berge des Himalajas. Am Weg liegen ärmliche Häuser, die Wände eigenhändig aus Stein gebaut, das Dach aus Baumstämmen, die mit Matten abgedeckt und mit Holz beschwert sind. - An der Spitze unseres Trecks geht der Guide Bopal, am Schluss der Obersherpa mit einem Hilfsjungen, jeder mit seinem eigenen großen Rucksack. Unser Gepäck wird heute von fünf nepalesischen Männern und einer Frau getragen; sie trägt ihren geflochtenen Korb, der vier unserer Rucksäcke fasst, mit Hilfe eines Stirnriemens. Am nächsten Tag haben wir andere Träger, z. T. alte Männer. Die Reisegruppe besteht aus 10 Personen und dem Reiseleiter, das Küchenpersonal aus 15 Männern, die die Küchenausrüstung tragen; zwei von ihnen sind Aufpasser. Mittags wird auf einer Grasfläche eine große Plane ausgebreitet, an deren Rand wir uns auf der Erde zum Essen niederlassen. Die abends immer wieder neu aufgestellte Küche besteht aus einem Küchenzelt und einem Esszelt mit Tisch, Hockern, Petroleumlampe. Gekocht wird draußen. Die Gästeschlafzelte bestehen aus einem Innen- und einem Außenzelt, Plastikboden, Isomatte und dünner Schaumstoffmatratze. Unsere warmen Schlafsäcke sind in unserem Gepäck, jeder erhält noch einen kurzen Innenschlafsack. Das Küchenteam ist uns immer ein großes Stück voraus, wir werden bereits mit Tee und Keksen empfangen. Abendessen gibt es etwa zwei Stunden später. Wir befinden uns in der Nähe des Dorfes Deurali.


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